Als erste wissenschaftliche Konferenz Mitteleuropas zu künstlicher Intelligenz (KI) für die Anwendung fand am 4. und 5. September die „AI24 – The Lamarr Conference“ in den Dortmunder Westfalenhallen statt. In Kooperation mit dem seit mehr als 40 Jahren in Dortmund etablierten „Zukunftskongress Logistik – 42. Dortmunder Gespräche“ drehte sich für die rund 700 Teilnehmer alles um aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der künstlichen Intelligenz in verschiedenen Anwendungsbereichen.
„KI-Algorithmen und ihr maschinelles Lernen werden in Zukunft den Wettbewerb bestimmen – dies gilt für Industrie und Logistik in besonderer Weise“, so Prof. Dr. Michael ten Hompel, Kodirektor des Lamarr-Instituts, Bonn, bei der Eröffnung der Konferenz. „Daher vereinen wir auf der AI24 die Besten aus allen Welten – aus Forschung, Industrie und Politik – mit dem Ziel, neue Communities zu erschaffen und Kooperationspotenziale zu entdecken, um die Zukunft der angewandten KI aktiv zu gestalten.“ Lamarr-Kodirektor Prof. Dr. Stefan Wrobel ergänzte: „Nur mit nachhaltig exzellenter, verantwortlicher und anwendungsorientierter Spitzenforschung können wir die künstliche Intelligenz voranbringen. Daher freue ich mich, dass es uns gelungen ist, Expertinnen und Experten aus der internationalen Wissenschaft und Industrie in Dortmund zusammenzubringen, um Trends, zukunftsweisende Technologien für die Wirtschaft und notwendige Schritte für eine wirksame KI-Bildung gemeinsam zu diskutieren.“
Preisträger des Digital Logistics Award 2024
Die toern GmbH aus Hamburg konnte sich über den 1. Platz freuen. Das Start-up-Unternehmen bietet eine All-in-One-Software-as-a-Service-Lösung für das Retourenmanagement an, die eine breite Palette von Dienstleistungen für Online-Shops umfasst. Mit der Idee konnte das Unternehmen das Publikum und die Jury überzeugen und sicherte sich den ersten Platz, der mit 9.000 Euro und Zugang zum Netzwerk der Digital Innovation Hubs (DIH) bietet. Die Lösung ermöglicht es, zurückgesendete Artikel direkt an den nächsten Kunden weiterzuleiten, CO2-Emissionen und Rücksendekosten zu reduzieren und deckt alle Komponenten im Prozess entlang der Customer Journey in einem Paket ab. Der zweite Platz geht nach Dortmund: Die Logistikbude GmbH stellte in dem Pitch ihre Softwarelösung für die Verwaltung von wiederverwendbaren Ladungsträgern vor. Die Plattform automatisiert und rationalisiert Tracking-, Bestandsmanagement- und Koordinationsprozesse, senkt die Personalkosten und erhöht die Transparenz und Effizienz im Logistikbetrieb. Der zweite Platz ist mit 4.000 Euro dotiert. Den dritten Platz konnte sich das Start-up-Unternehmen mit der längsten Anreise sichern: S2data war aus Graz/Österreich angereist und überzeugte mit einer Software für optimierte Beschaffungs- und Distributionslogistik. Die Software hebt Synergien durch intelligente Lkw-Komplettladung, Lkw-Teilladung, Milkruns und die Abstimmung von Inbound- und Outbound-Transporten in Verbindung mit einer intelligenten Konsolidierung zwischen Quellen und Senken von Laderaum und Aufträgen. Das Preisgeld für den dritten Platz beträgt 1.500 Euro. Der Digital Logistics Award wird vom Digital Hub Logistics Dortmund ausgerichtet und ist einer der höchst dotierten Preise in der logistischen Start-up-Szene. Erstmals lag der Fokus auf künstlicher Intelligenz, was bedeutet, dass jede Geschäftsidee einen Bezug zu diesem Bereich haben musste. Der Digital Hub Logistics Dortmund möchte mit dem Award kreative Geschäftslösungen für digitale Arbeitswelten in der Logistik anerkennen, auszeichnen und fördern. Die Preisgelder werden vom Duisburger Hafen/startport GmbH und den Unternehmen WM Group aus Bocholt und der Wirtschaftskanzlei audalis aus Dortmund zur Verfügung gestellt.
„Lamarr Award“ erstmalig verliehen
Nach Grußworten durch Thomas Westphal, Oberbürgermeister der Stadt Dortmund, Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, und Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, erlebten die Teilnehmer ein Highlight der Konferenz: Die erstmalige Verleihung des „Lamarr Award“ an den international renommierten Pionier im Feld KI, Robotik, autonomes Fahren und digitale Bildung Sebastian Thrun, Professor für künstliche Intelligenz an der Stanford University und ehemaliger Vizepräsident bei Google. „Bereits heute haben wir gewaltige KI-Innovationen in der Pipeline, die uns allen nach und nach zu einem besseren Leben verhelfen werden“, sagte Thrun in seiner Keynote und forderte: „Deutschland sollte sich durch ein neues Maß an Neugier und Offenheit aller Mitglieder der Gesellschaft als globaler Vorreiter dieser fundamentalen Technologie positionieren.“
Das weitere Programm bot den Teilnehmern Vorträge und Podiumsdiskussionen rund um generative KI, die KI-Bildung zukünftiger Generationen von Forschern und Anwendern sowie den Einsatz von KI in Industrie und Logistik. Dabei wurde das Transformationspotenzial der Technologie deutlich und wie sich dieses in Kooperation von Forschern und Anwendern heben lässt. So blickte etwa Dr. Magnus Sahlgren, Forschungsleiter bei AI Sweden, in seiner Keynote auf die europäische Perspektive der generativen KI. Prof. Dr. Michael Henke, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML, gab eine Einführung zum Potenzial von KI in Industrie und Logistik und zeichnete den Weg zum digitalen Kontinuum der KI nach.
Den Abschluss des ersten Konferenztages bildete die in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Dortmund durchgeführte Abendveranstaltung im stimmungsvollen Ambiente des „Phoenix des Lumières“, die auch den Rahmen zur Auszeichnung des „Digital Logistics Award“ bot.
Plattform für industrielle KI-Anwendungen feiert Premiere
Die IN2AI, neue Plattform für künstliche Intelligenz in der Industrie und Logistik, hat vom 4. bis 5. September ihre Premiere auf dem Dortmunder Messegelände gefeiert. Aussteller und Teilnehmer kamen zusammen, um Innovationen und Technologien im Bereich industrieller KI-Anwendungen und -Forschung zu entdecken. Neben Vorträgen und Diskussionsrunden stand das Networking im Mittelpunkt, bei dem Entscheidungsträger, Technologieexperten und Start-up-Unternehmen Ideen austauschten. Die IN2AI bot bei ihrer Premiere eine breite Auswahl an Ausstellern und Kooperationspartnern, die KI-basierte Technologien und Produkte in Dortmund zeigten. Im Fokus standen unter anderem intelligente Softwarelösungen für nachhaltige Produktion und effizientes Energiemanagement. Zudem erhielten die Teilnehmer Einblicke in branchenübergreifende Geschäftsprozessoptimierungen sowie fortschrittliche KI-Anwendungen zur Verbesserung von Lieferketten.
Sabine Loos, Hauptgeschäftsführerin der Westfalenhallen Unternehmensgruppe: „Die IN2AI 2024 hat gezeigt, wie wichtig der Austausch von Ideen und Innovationen im Bereich industrieller KI-Anwendungen ist.“ Man habe eine Plattform geschaffen, die weit über die Region hinausstrahlt. Sie biete den Wirtschaftsmotoren Industrie und Logistik die Gelegenheit, um sich über neue Entwicklungen in der KI zu informieren. „Wir freuen uns darauf, dieses Format weiter auszubauen und die IN2AI als einen zentralen Treffpunkt für Experten, Forscher und Entscheidungsträger zu positionieren.“
Gleichzeitig bot die zweitägige Messe den Teilnehmern ein fachlich fundiertes Rahmenprogramm, das Beiträge aus Wissenschaft, von Branchenexperten und Vertretern der Industrie einschloss. Nahtlos fügten sich Side Events in die beiden Messetage ein. Im Fachforum Innovation der IHK zu Dortmund zum Thema künstliche Intelligenz diskutierten die Mitglieder über aktuelle technologische Trends und deren Nutzen sowie Anwendbarkeit für die lokale Wirtschaft. Darüber hinaus fand im Rahmen der Messe ein Treffen der KI-Trainer der Mittelstand-Digital-Zentren statt, bei dem sie ihre Erfahrungen und Best Practices austauschten.
KI-Spitzenforschung mit Strahlkraft – aus NRW und der Welt
Der zweite Veranstaltungstag wurde von Hendrik Wüst MdL, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, eröffnet. Schon im Vorfeld der Konferenz sprach sich Wüst für die Stärkung der Vernetzung von KI-Forschung und Industrie aus: „Nordrhein-Westfalen geht konsequent den Weg von der Kohle zur KI: Wo früher Steinkohle abgebaut wurde, stehen heute Labore und Forschungseinrichtungen. Wo heute noch Braunkohle abgebaut wird, werden Rechenzentren und Datenkreuze geplant. Für Nordrhein-Westfalen ist die Erforschung und Anwendung von künstlicher Intelligenz ein wichtiges Zukunftsthema.“
Keynote-Vorträge zu Sprachmodellen für Dialogsysteme von Amazon AGI- Experte Prof. Dr. Jens Lehmann und KI in der Astrophysik von Prof. Dr. Phil Diamond vom Square Kilometre Array Observatory zeigten anschließend Perspektiven für eine neue Generation von KI-Assistenten und den Einfluss von KI auf wegweisende, internationale Forschungskollaborationen.
Der Nachmittag hielt ein breit gefächertes Programm mit parallel stattfindenden Themen- und Workshop-Sessions bereit, die von nationalen und internationalen Expertinnen und Experten gestaltet wurden. Die Teilnehmer lernten so verschiedene aktuelle KI-Anwendungsbereiche und Lösungen vertiefend kennen: Die „Fellows“ des Lamarr-Instituts – sechs herausragende KI-Forscherinnen und Forscher aus Nordrhein-Westfalen – gaben Einblicke in aktuelle KI-Forschung aus NRW. Ebenso wurden Sessions zu Themen wie Robotik sowie spezifischen Anwendungen von KI in den Naturwissenschaften, wie der Physik und den Lebenswissenschaften mit Schwerpunkt Pharmazeutik, und in der Industrie und Logistik angeboten. Weitere Schlüsselthemen waren Instrumente der Regulierung von künstlicher Intelligenz zum Beispiel der „AI Act“ der Europäischen Union, der Einsatz von „Foundation Models“ und „Large Language Models“ sowie erklärbare KI.
Text/Fotos: WB/Fraunhofer IML, Messe Dortmund/Wolfgang Helm, Oliver Schaper